Sie hatte die zahlreichen blauen Flecke und Hiebwunden, die ihr Gesicht und die Schultern verunstalteten, mit einem unglückseligen Wagenunfall erklärt, und die schöne Kurtisane besaß ein solches Maß an Takt, daß Angélique nie dahinterkam, ob sie es geglaubt hatte oder nicht.

Ninon sprach völlig ungezwungen über Philippe, dem sie begegnet war, als er sich nach Versailles begeben hatte. Man hatte dort ein überaus kurzweiliges und glanzvolles Vergnügungsprogramm aufgestellt: Ringelstechen, Ballette, Komödien, Feuerwerk und andere schöne Dinge. Die Stadt hallte wider von den Prahlereien derer, die geladen waren, und vom Zähneknirschen der andern, die es nicht waren.

Ninon saß an Angéliques Bett und sprach unermüdlich, um ihre Patientin nicht in Versuchung zu führen, selbst den Mund aufzutun, denn sie brauchte Ruhe, um rasch wieder einen rosigen Teint zu bekommen. Ninon meinte, ihr selbst mache es nichts aus, Versailles nicht zu kennen, wo man sie infolge ihres schlechten Rufs nicht empfing. Ihre Domäne war ein anderer Ort, nämlich jenes kleine Palais im Marais, wo sie wie eine wahre Königin herrschte. Es genügte ihr, zu wissen, daß der König bei diesem oder jenem Vorfall am Hofe oder in den literarischen Zirkeln zuweilen fragte: »Und was sagt die schöne Ninon dazu?«

»Aber wenn man Euch in Versailles feiert, werdet Ihr mich doch nicht vergessen, Liebste?« fragte sie.

Unter ihren Pflastern machte Angélique ein verneinendes Zeichen.

Am 21. Juni 1667 machte sich die Marquise du Plessis-Bellière nach Versailles auf. Sie war nicht geladen, besaß aber den größten Wagemut der Welt.