Mit einer schnellen Bewegung entfernte er den Halskragen und entblößte ihre Schultern. Das Kleid öffnete sich über ihren runden Brüsten, die er langsam zu liebkosen begann, um die Lust in diesem so lange ersehnten Körper zu wecken. Er bückte sich, zog sie sanft auf den Boden nieder und streckte sich neben ihr aus …
Alle Düfte des Sommers vereinten sich gegen Cathérines Scham, und sie ließ sich im süßen Grase gehen, mit geschlossenen Augen, schon unter den Küssen Pierres bebend, die von ihren Augen zu ihrer Brust hinunterglitten. Er versuchte, den breiten Gürtel ihres Kleides zu lösen, aber seine ungeduldigen, ungeschickten Hände kamen nicht ans Ziel. Leise begann sie zu lachen, richtete sich auf, um ihm zu helfen. Doch ihr Lachen erstarb und wurde zum Entsetzensschrei. Eine männliche Silhouette stand vor ihnen, den gezückten Degen in der Hand. Sie erkannte die Faunsohren wieder, den kurzen Bart Bernard d'Armagnacs …
Sie hatte keine Zeit mehr, Pierre zu warnen. Die jähzornige Stimme des Gaskogners grollte:
»Steht auf, Pierre de Brézé, und gebt mir Rechenschaft!«
»Wofür?« fragte der junge Mann, sich auf ein Knie erhebend. »Cathérine ist nicht Eure Frau, soviel ich weiß, auch nicht Eure Schwester!«
»Für die Verletzung der Ehre Arnaud de Montsalvys, meines Waffenbruders, meines ewigen Freundes! In seiner Abwesenheit kommt es mir zu, über sein Gut zu wachen.«
»Das Gut eines Toten?« entgegnete Brézé verächtlich. »Cathérine ist frei, sie wird meine Frau. Laßt uns in Frieden!«
Cathérine ahnte die Spannung, die dem Gaskogner das Herz zusammenschnürte und ihn hinderte, alles zu sagen, die Wahrheit hinauszuschreien. Sie hatte Angst, flehte:
»Bernard, um Himmels willen!«
Es lag noch ein leichtes Zögern in der trockenen Stimme des Grafen, aber er sagte mit einer gewissen Überdrüssigkeit:
»Ihr wißt nicht, was Ihr sagt! Schlagt Euch, wenn Ihr nicht wollt, daß ich Euch der Feigheit bezichtige!«
»Bernard!« wiederholte Cathérine erschrocken. »Ihr habt nicht das Recht … Ich verbiete es Euch!«
Sie klammerte sich an Pierres Hals, sich ihrer halben Nacktheit nicht bewußt, im voraus schon bei dem Gedanken wahnsinnig, daß Blut fließen würde. Aber er schob sie fest beiseite.
»Laßt mich, Cathérine! Dies betrifft Euch nicht mehr! Ich bin beleidigt worden …«
»Noch nicht! Und ich verbiete Euch, Euch zu schlagen! Bernard kann Euch nichts anhaben. Ich bin frei, mich Euch zu geben, wie es mir gut erscheint.«
»Ich wünschte«, knurrte Bernard wütend, »La Hire oder Xaintrailles könnten Euch sehen, halbnackt wie eine Dirne, am Hals des Mannes hängend, um dessen Leben Ihr zittert! Sie würden Euch auf der Stelle erwürgen! Mir wart Ihr lieber auf dem Scheiterhaufen in Montsalvy!«
»Für diese Beleidigung, Pardiac, werde ich dich töten!« brüllte Pierre in höchstem Zorn. Er griff nach seinem Degen im Gras. »Verteidige dich!«
Der erste Zusammenprall der Waffen ließ die Funken sprühen. Zitternd und krank vor Scham, hatte Cathérine sich unter einen Baum zurückgezogen und brachte mechanisch ihre aufgelöste Kleidung wieder in Ordnung. Sie haßte sich in diesem Augenblick, war verwirrt und schämte sich bei dem Gedanken, was Bernard mit angesehen hatte …
Der Zweikampf war erbittert. Die beiden Männer schienen sich an Können gleichwertig zu sein. Pierre de Brézé hatte den Vorteil seines größeren Wuchses, seiner zweifellos überlegenen Kräfte, doch Bernard machte diesen Vorteil durch seine erstaunliche Wendigkeit wett. Er stieß vor und wich zurück mit der Schnelligkeit einer Schlange. Der schwere Degen schien die Verlängerung seines mageren Körpers zu sein. Der keuchende Atem der Kämpfenden erfüllte die Nacht …
An den rauhen Baumstamm gelehnt, versuchte Cathérine, die unregelmäßigen Schläge ihres Herzens zu beruhigen. Wenn Pierre fiele, würde sie es sich nie verzeihen, und für Bernard traf das gleiche zu. Sie würde sich nie von dem Eindruck lösen können, durch ihn Arnaud getroffen zu haben. Auf jeden Fall, wenn der eine oder andere stürbe, wäre sie entehrt, würde vom Hof gejagt werden. Das ganze Gewicht ihres Fehltritts würde auf ihren Sohn zurückfallen. Die Zukunft Michels wäre durch das Benehmen seiner Mutter ruiniert.
Sie rang die Hände, unterdrückte ein Schluchzen.
»Habt Erbarmen, Herr!« flehte sie. »Tut etwas, um diesem Kampf Einhalt zu gebieten!«
Aber nichts kam vom stummen Schloß herunter, das zu dieser späten Stunde kaum erleuchtet war, obwohl das Klirren der breiten Klingen die Nacht zu erfüllen schien. Es klang in Cathérines verwirrten Ohren wie das Läuten einer Glocke. Mußte solcher Lärm nicht Neugierige anlocken, und sei es auch nur die Wachrunde?
Und plötzlich erklang ein schwacher Schrei, den Cathérine wiederholte. An der Schulter getroffen, glitt Pierre ins Gras. Bernard trat zurück und senkte den Degen. Sofort stürzte Cathérine sich auf den Verwundeten. Er hatte die Hand auf die Wunde gedrückt. Blut rann schon an ihr herunter, und sein schönes Gesicht war vor Schmerz verzerrt.
»Ihr habt ihn getötet!« stammelte die junge Frau verzweifelt. »Er wird sterben!«
Doch Pierre hob sich auf einen Ellbogen und versuchte zu lächeln.
»Nein, Cathérine! … Er hat mich nicht getötet! Geht ins Schloß zurück, schnell, und sprecht zu niemand darüber.«
»Ich lasse Euch nicht allein.«
»Doch, doch! Ich habe nichts zu fürchten … Er wird mir behilflich sein«, fügte er hinzu, indem er eine Kopfbewegung zu seinem Gegner machte.
»Warum sollte er Euch behilflich sein, da er doch nur Euren Tod wünscht?«
Im Dunkel blitzten die Wolfszähne des Gaskogners. Kalt wischte er seinen Degen ab und schob ihn in die Scheide.
»Ihr kennt die Männer wahrlich schlecht, meine Teure! Wollt Ihr andeuten, daß ich ihn umbringen könnte? Haltet Ihr mich für einen Schlächter? Euer Geliebter hat die Lektion bekommen, die er verdiente, ich hoffe, daß er es sich gesagt sein läßt, und das ist alles! Geht zurück und schweigt. Ich werde mich um ihn kümmern.«
Er beugte sich schon hinab, um dem Verwundeten aufzuhelfen. Aber Pierre hielt ihn mit einer Bewegung zurück.
»In diesem Fall weigere ich mich! Niemals werde ich auf sie verzichten, Sire Bernard! Dann müßt Ihr mich töten!«
»Gut, gut, ich werde Euch später töten … wenn Ihr wiederhergestellt seid«, entgegnete Bernard ruhig. »Kehrt endlich ins Schloß zurück, Dame Cathérine«, fügte er trocken hinzu, »und laßt mich nur machen! Ich wünsche Euch eine gute Nacht.«
Von der herrischen Stimme gebändigt, entfernte sie sich langsam, verließ den von Mauern umschlossenen Obstgarten, durchschritt das hohe, noch offene Portal, durch das sie in den Schloßhof gelangte, ohne genau zu wissen, wohin sie ging. Sie brannte vor Scham und Demütigung. Nur ihr Instinkt leitete sie, doch als sie ihr Gemach erreichte, traf sie Sara auf der Türschwelle an. Ihre Scham wandelte sich angesichts der Zigeunerin in Zorn. Sie warf ihr einen wütenden Blick zu.
»Wer hat Bernard in den Obstgarten geschickt? Du?«
Sara zuckte mit den Schultern.
»Bist du verrückt? Ich wußte nicht einmal, daß er zurückgekehrt ist! … Dieser Brézé hat dir entschieden den Kopf verdreht! Du faselst, auf mein Wort!«
»Erspare dir deine Bemerkungen. Ja, man hat heute abend versucht, ihn mir zu töten. Bernard hat sich mit ihm geschlagen … Er hat ihn verwundet! Aber ihr verliert eure Zeit, alle, wie ihr da seid, weil ihr uns nicht trennen werdet! Ich liebe ihn, verstehst du? Ich liebe ihn und werde ihm angehören, wann es mir paßt! Und je früher, desto besser!«
»Das ist genau meine Meinung!« warf Sara kalt ein. »Du führst dich auf wie ein läufiges Tier! Du brauchst einen Mann, du hast den da gefunden. Behalte ihn! Was deine Liebe für ihn betrifft, so glaube ich gar nichts! Du spielst dir selbst eine Komödie vor, Cathérine, und du weißt genau, daß du lügst!«
Sich auf dem Absatz umwendend, kehrte Sara in ihre kleine Kammer zurück und schloß vernehmlich die Tür hinter sich zu. Durch die Heftigkeit ihres Abgangs verblüfft, blickte Cathérine wie stumpfsinnig auf die geschlossene Tür. Irgend etwas schnürte ihr die Kehle zu. Sie verspürte Lust, sich auf diese stumme Pforte zu stürzen, mit den Fäusten daran zu rütteln, um Sara wieder herauszuholen … Sie verspürte eine kindliche Lust zu weinen, einen Augenblick wieder in den Armen ihrer alten Freundin sichere Zuflucht zu suchen. Dieser Zwist, der sie trennte, kam sie schwerer an, als sie es sich eingestehen wollte. Sie hatte sich durch Hochmut verteidigt, und nun schien dieser Hochmut plötzlich sehr zerbrechlich! Zu viele Jahre gegenseitiger Zuneigung, zu viele gemeinsam erlittene Prüfungen, zuviel echte Zärtlichkeit verbanden sie! Sara hatte allmählich den Platz ihrer Mutter eingenommen, und Cathérine hatte das Gefühl, als sei ihr ein Glied amputiert worden.
Sie näherte sich unschlüssig der Tür, hob die Hand, um anzuklopfen. Kein Geräusch war von der anderen Seite zu hören … Doch vor ihrem inneren Auge sah sie wieder den verwundeten Pierre, in der Erinnerung hörte sie seine Stimme, die von Liebe sprach … Wenn sie Sara gewähren ließ, würde die Zigeunerin Mittel und Wege finden, sie von dem jungen Mann zu trennen, und Cathérine wollte dieses zerbrechliche Glück, das sie nicht mehr erwartet hatte, noch nicht verlieren … Langsam glitt ihre Hand an ihrem Kleid herunter. Morgen würde sie Pierre auf seinem Krankenlager besuchen, würde ihn selbst pflegen, und was bedeutete es schon, sollte man in ihrer Haltung das Vorzeichen einer kommenden Verbindung sehen! Schließlich, wer könnte sie eigentlich hindern, Dame de Brézé zu werden? Pierre würde sie darum anflehen, und sie würde am Ende noch Lust dazu haben, und sei es auch nur, um in ihrem Leben etwas Endgültiges, nicht mehr zu Änderndes zu tun. In ihre Dickköpfigkeit verrannt, ging sie zu ihrem Bett zurück und ließ sich darauf fallen. Der letzte Blick, den sie auf die verschlossene Tür warf, war ein Blick des Trotzes und der Herausforderung.
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