«Ich helfe euch. «Charly eilte mit ihnen davon.

Vic sauste ins Haus und schnappte sich eine Jacke und Handschuhe. Sie brauchten zwanzig Minuten, aber dann hatten sie den Gartenschuppen in einen leidlich guten Zustand gebracht und dafür gesorgt, daß dort nichts war, auf das Yolanda treten, woran sie sich scheuern oder was sie fressen konnte.

R. J. - jetzt unterstützt von Frank, der nach Hause gekommen war — hielt die zwei streitenden Wallaces voneinander fern.

Voll Sanftheit, der Sanftheit Josefs, mit der er Maria zu dem Stall führte, brachte Edward Yolanda mit Engelsgeduld zum Gartenschuppen. Charly und Frank trugen ihre Luzerne hinein.

Yolanda machte es sich sofort bequem. Mignon holte eine alte Decke, die sie ihr mittels eines Riemens, den sie über ihrer Brust kreuzten, und eines zweiten, den sie um ihre gewaltige Mitte legten, umschnallten. Yolanda mochte alt sein, aber sie war ein sehr gut genährtes Tier. Sie stellten einen großen Eimer mit frischem Wasser in die Ecke.

«So Edward, nun mach dir mal keine Sorgen. Wir knacken morgens das Eis in ihrem Eimer auf. Ihr wird es an nichts fehlen«, beruhigte R. J. ihn.

«Wenn der Wagen noch fahren kann, stelle ich ihn Don vor die Tür. Frank, fährst du hinter mir her?«

«Ich kann hinter dir herfahren«, erbot sich Sissy.

«Du kannst hinter mir zur Hölle fahren, das kannst du. «Er kehrte seiner Jüngsten den Rücken zu.»Du kriegst keinen Cadillac!«

Das schmerzte mehr als die Drohung, aus dem Testament gestrichen zu werden. Nachdem sie so oft ausgesprochen worden war, war die Wirkung verpufft.

«Ist die hydraulische Hebebühne nicht das schönste Werkstück, das man je gesehen hat?«Der alte Mann drückte auf den Knopf, und wie durch ein Wunder glitt die Hebebühne wieder an Ort und Stelle.

Zum Glück hatte Sissys Attacke die Seite des Transporters beschädigt, nicht das Heck.

«Leute, wartet nicht mit dem Essen auf mich. Ich esse, wenn ich nach Hause komme. «Frank küßte R. J. auf die Wange, stieg in sein Auto und folgte Edward aus der Zufahrt — der Dodge ließ sich ganz gut fahren, wenn man die Umstände bedachte.

Sissy stand mitten in der Zufahrt, es fehlte nicht viel, und ihre Unterlippe wäre auf den Boden geklappt.»Ich hasse ihn. Ihr habt ja keine Ahnung, wie sehr ich ihn hasse. Und Georgia auch, die scheinheilige Zicke! Georgia hat Sex mit jungen Männern. Sie bezahlt sie. Ich krieg wenigstens Freiwillige!«

«Komm, Sissy, laß uns das später besprechen, ja?«R. J. war rot geworden.»Möchtest du Abendessen?«

«Nein, ich möchte einen neuen Vater und einen neuen Cadillac und einen gut aussehenden Mann, der mich verwöhnt. Wenn's keinen gut aussehenden Mann gibt, dann tut's auch ein häßlicher mit 'nem großen Schwanz. «Sie knallte ihre Autotür zu und setzte rückwärts aus der Zufahrt.

«Hat sie gesagt, was ich denke, das sie gesagt hat?«Mignons Mund stand weit offen.

«Mund zu, oder willst du Fliegen fangen?«Vic mußte so lachen, daß ihr die Seiten wehtaten.

«Hat sie. «Charly wischte sich die Stirn ab, mehr aus Nervosität als aus Überanstrengung.

«Los, ihr Lieben, Abendessen«, trällerte R. J.»Abendessen.«

Erst als sich alle gesetzt hatten, bemerkte Mignon den Diamanten.»Himmel, ist das ein Klunker!«

R. J. legte die Serviergabel hin und nahm die Hand ihrer Tochter.»Herzchen, der ist schön, umwerfend. Das ist der schönste Diamant, den ich je gesehen habe. «Ihre Augen wurden feucht.»Bedeutet es das, was ich denke?«

Vic räusperte sich.»Nicht direkt. Es bedeutet, wir werden alles regeln, wenn Charly sein Examen hat.«

Einen Augenblick waren alle still. Dann ertönte aus dem Gartenschuppen ein glorreiches, glückliches» Muh«.

38

Am 22. Dezember um halb elf klingelte das Telefon. Bis dahin war es himmlisch ruhig gewesen. abgesehen von Yolanda. Vic und Mignon waren unterwegs zur Futterhandlung. Sie kauften einen Sack proteinhaltiges Mischfutter, Mais, Melasse, weiteres Getreide und baten GooGoo (so genannt, weil er sich morgens, mittags und abends von GooGoo-Riegeln ernährte), einen Ballen Heu für Yolanda vorbeizubringen. Sie würde nicht so bald heimgeholt werden, da Edward um ihr Leben fürchtete.

Als Vic nach einer Stunde wieder die Zufahrt entlang gefahren kam, öffnete ihre Mutter die Hintertür und sagte:»Vic, ruf Chris an. Sie sagt, es ist wichtig. Ich muß schnell zu Regina Baptista. Lisa ist beim Ladendiebstahl erwischt worden.«

«Was?«Vic war überrascht, aber Mignon, die sich still verhielt, wunderte sich kein bißchen.

«Ich weiß nicht, wie lange ich weg sein werde. Zuallererst muß ich Regina beruhigen, die ihre überfließenden Gefühlsströme nicht in den Griff kriegt. Dann verfrachte ich Mutter und Tochter zu deinem Vater. Er wird das Nötige veranlassen.«

Vic und Mignon hasteten durch die Hintertür.

«Können wir irgendwas tun?«

«Nein, eigentlich nicht. Wenn's Probleme gibt, ruf ich an. Habt ihr das Futter für Yolanda?«

«Sie wird sich freuen. GooGoo bringt später Heu vorbei.«

«Wenn ich nach Hause komme, überlegen wir uns mal, ob wir den alten Tabakschuppen herrichten können. Der Gartenschuppen ist ein bißchen klein für sie. Trotzdem macht sie einen ganz zufriedenen Eindruck. Wir lassen uns was einfallen. Ah, ich weiß, was ihr tun könnt. «Sie sahen sie erwartungsvoll an.»Eine kleine Weide abgrenzen. Wir haben genug Krempel herumliegen, damit können wir sicher einen Zickzackzaun zusammenschustern. Falls das nicht klappt, kann Edward Holz für einen Bretterzaun vorbeibringen.«

«Ich kann keine Löcher für Pfähle graben, wenn der Boden gefroren ist. «Mignon hatte nicht die Absicht, Löcher zu graben.

«Es friert nur nachts, Herzchen. «R. J. lächelte sie übertrieben liebevoll an.»Also, haltet die Stellung.«

«Mom, falls Jinx mit dir hierher kommen möchte, bring sie mit, ja?«Vic, die vorgehabt hatte, sich heute mit Jinx zu treffen, fand, daß sie unter den gegebenen Umständen nicht zu den Baptistas fahren sollte.

«Jinx muß zu Hause bleiben und das mit ihrer Familie durchstehen. «Sie gab jeder Tochter einen Kuß auf die Wange und fuhr los.

Vic sagte zu Mignon:»Du hast's gewußt.«

«Äh-hm.«

«Du kannst tatsächlich Geheimnisse für dich behalten.«

«Bei Baptistas ist die Hölle los. «Mignon zuckte mit den Achseln.

«Frohe Feiertage«, sagte Vic sarkastisch.

«Hör mal, ich könnte deinen Ring für dich tragen, wenn deine Hand müde wird.«

«Raus mit dir!«Vic schob sie weg.»Lauschen verboten. Ich ruf meine Freundin an.«

«Sie schenkt dir bestimmt keinen fünfkarätigen Diamanten. Du wirst Charly den Ring zurückgeben müssen.«

«Wenn sie einen hätte, würde sie ihn mir schenken. Und, du Klugscheißerin, ich hab versucht, ihm den Ring zurückzugeben, ehrlich.«

«Siehst du, das ist das eigentliche Problem, wenn man lesbisch ist. Kein Verlobungsring. Keine Hochzeitsgeschenke. Keine Flitterwochen.«

«Jeder Tag ist Flittertag. Verdufte. Ich find dich schon, wenn ich fertig bin, dann können wir die Weide für Yolanda abgrenzen.«

Mignon stapfte die Treppe hinauf. Sie mußte noch Geschenke einpacken, und sie rechnete damit, daß Vic eine ganze Weile telefonieren würde, zumal R. J. nicht da war.

Vic wählte die Vorwahl 717 und Chris' Nummer. Chris nahm ab.»Vic, Gott sei Dank.«

«Ich war heute Morgen weg, Kuhfutter besorgen und.«

Chris unterbrach sie.»Kannst du mich um halb drei in Norfolk vom Flugplatz abholen?«

«Chris, was ist passiert?«

Es folgte ein ersticktes Schweigen, dann ein tiefer Atemzug.»Ich bin schwanger.«

39

Chris stürmte über die Rollbahn und warf sich in Vics Arme. Da auch andere, die über Weihnachten nach Hause kamen, sich umarmten und küßten, wirkte ihre Wiedervereinigung nicht so abwegig, wie sie Leuten, die an den Anblick von schmusenden Frauen nicht gewöhnt waren, sonst vielleicht erschienen sein mochte.

Sie mußten anderthalb Kilometer zu dem Impala laufen, weil der Parkplatz voll war. Sobald sie den Flugplatzbetrieb hinter sich hatten, fingen beide an zu reden.

«Es ist nicht, was du denkst«, sagte Chris.

«Was meinst du damit?«

«Ich bin mit niemand ins Bett gegangen außer mit dir. Ich meine, nicht mit Männern ins Bett gegangen. Es war das eine Mal mit Charly. «Sie war fest entschlossen, nicht zu weinen.

«Was anderes ist mir gar nicht in den Sinn gekommen«, erwiderte Vic freimütig.»Wann hast du's gemerkt?«

«Gar nicht. Meine Periode ist ausgeblieben, aber da führe ich sowieso nicht genau Buch. Es verging eine Weile, und ich fühlte mich gut, aber anders. Ich kann's nicht erklären, aber irgendwie wußte ich, daß da was war. Darauf bin ich zu Hause zu meiner Ärztin gegangen, die ich sehr schätze. Und ja, ich bin schwanger.«

«Ich bin zu jung, um Vater zu werden. «Vic nahm Chris' Hand.

Chris lächelte matt.»Wenn du nur der Vater wärst, Vic, wenn du's nur wärst.«

«Möchtest du das Baby?«

Chris drückte Vics Hand.»So würde ich das nicht ausdrücken. Ich möchte keine Abtreibung. Das kann ich nicht, Vic, ich kann's einfach nicht.«

«Okay, okay. Ich wollte das gar nicht vorschlagen. War bloß 'ne Frage. Ist ja nicht mein Körper. Ich kann das nicht entscheiden.«

«Würdest du mich heiraten, wenn du könntest?«»Das weißt du doch. Herrje, wir haben jetzt eine Menge Entscheidungen zu treffen. Du kannst dieses Jahr auf dem College zu Ende machen, aber ich weiß nicht, wie du mit einem Baby durch dein Abschlußjahr kommen kannst.«

«Ich mach den Abschluß später. «Ein trauriges Schweigen folgte.»Weißt du von Kindern, die von zwei Frauen aufgezogen werden?«