«Ah, der Weihnachtsmann. «Sie küßte Charly auf die Wange.»Gib mir deinen Mantel und komm in die Küche.«

Sie hörten die zwei Schwestern, die schallend über die neueste Metamorphose der Jungfrau Maria lachten, die Holztreppe hinaufpoltern.

«Charly!«Vic lief zu ihm, schloß ihn in die Arme und gab ihm einen dicken Kuß.

«Frohe Weihnachten, Schönste. «Er küßte sie auch; dann ließ er sie los, umarmte Mignon und gab ihr einen Kuß auf die Wange.»Dir auch frohe Weihnachten, Mignon. Noch eine schöne Savedge zum Küssen.«

«Kein Wunder, daß du so gern herkommst. «Vic zog ihm einen Stuhl heran.

«Nicht doch, wir wollen uns ins Wohnzimmer setzen wie zivilisierte Menschen«, sagte R. J. Sie sah aus dem Küchenfenster.»Gott, seht euch diesen Himmel an. Was für ein Schauspiel.«

Scharlachrote, orangen- und melonenfarbene Flammen wanden sich hoch am Himmel. An der Stelle, wo die Sonne untergegangen war, pulsierte der Horizont dunkelrot. Die rosa angehauchten Wolken an den Rändern dieser weiten Fläche würden bald scharlachrot gefärbt sein.

«Ich lauf nach oben und hol Charlys Geschenk. «Vic flitzte die Treppe hinauf.

«Ich auch. «Mignon folgte ihr.

Sie holten die Geschenke und liefen dann eilends die breite Vordertreppe hinunter zu Charly und R. J. die den Glühwein ins Wohnzimmer getragen hatte.

«Ich leg's nur so lange unter den Baum, bis du gehst. Du darfst es erst am Weihnachtsmorgen auspacken. «Vic kniete sich hin und legte ein großes silbernes Päckchen mit einer roten Schleife unter den Baum.

«Meins auch. «Mignon machte es genauso.

Charly setzte sich aufs Sofa, damit Vic neben ihm sitzen konnte. R. J. und Mignon machten es sich in den großen Sesseln ihnen gegenüber gemütlich. Draußen stand der gesamte westliche Himmel in Flammen.

«Diese Sonnenwende!«, begeisterte sich R. J.»Ich kann's einfach nicht fassen.«

Sie tranken ihren Glühwein und plauderten über ihre Pläne für die Feiertage.

«Mom, wann kommt Dad nach Hause?«, fragte Mignon.

«Warum, hast du Hunger?«

«So langsam, ja.«

«Er wird etwa in einer halben Stunde hier sein, falls ihn niemand im Büro aufhält. Charly, bleib doch zum Abendessen, ja? Du mußt einfach bleiben. Dich hier zu haben ist das schönste Geschenk. «Sie lächelte ihr strahlendes Lächeln.

«Er bleibt bestimmt. «Vic drückte seine Hand.

«Jippie!«Dann folgte Mignon ihrer Mutter widerwillig in die Küche. R. J. hatte ihr ein Zeichen gegeben.

«Überstimmt«, seufzte Charly in gespielter Unterwerfung.

R. J. steckte den Kopf ins Wohnzimmer:»Bist du ausgehungert, oder hältst du's noch ein bißchen aus?«

«Ich halt's noch aus«, rief Charly zurück.

Als R. J. wieder in der Küche war und Charly sicher sein konnte, daß Mignon weder hereinplatzten noch ihnen nachspionieren würde, schlang er die Arme um Vic und gab ihr einen langen Kuß.»Frohe Weihnachten, Baby.«

«Dir auch frohe Weihnachten.«

«Ein Geschenk mußt du jetzt gleich auspacken. Die anderen können bis zum Weihnachtsmorgen warten. «Er stand auf und ging zu dem Baum.

«Die anderen, Charly?«

«Schöne Frauen muß man verwöhnen. «Er winkte sie zum Baum.»Das hier mußt du jetzt aufmachen. «Er deutete auf eine kleine Schachtel aus dunkelgrünem Samt, auf dem silberne Eiszapfen glitzerten.

Zögernd band sie die schmale rote Satinschleife auf. Sie öffnete die Schachtel. In schwarzen Samt gebettet funkelte ein fünfkarätiger, lanzettenförmig in Platin gefaßter Diamant, dessen kaltes Licht in seiner strahlenden Reinheit fast blau anmutete.

«O mein Gott!«Vic ließ beinahe die Schachtel fallen, fing sie jedoch gerade noch auf, indem sie sie fest an die Brust drückte.

«Der hat meiner Großmutter gehört.«

«Charly, das ist der schönste Ring, den ich je gesehen habe. Mein Gott. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich, oh. «Sie konnte nicht anders. Sie steckte ihn an ihren Finger, er paßte perfekt.»Ich kann's nicht glauben. «Sie schlang die Arme um seinen Hals und küßte ihn leidenschaftlich.»Ich kann's nicht glauben. O Charly, das ist wirklich das Allerschönste.«

Er lachte.»So hab ich dich ja noch nie gesehn.«

«Oh, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

Dankbar — er war ja so dankbar — ließ er sich auf das rechte Knie fallen, nahm ihre rechte Hand und drückte einen Kuß darauf.»Willst du mir die Ehre erweisen, meine Frau zu werden?«

Vic erstarrte. Tränen traten aus ihren Augen. Sie konnte sie nicht zurückhalten, während sie mühsam sprach.

«O Charly, laß uns erst dein letztes Semester hinter uns bringen.«

«Ist das ein Ja?«

«Das ist ein Aufschub. «Sie zog den Ring ab und drückte ihn ihm in die Hand.

«Victoria, ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben bis zum Tage meines Todes. Der Ring gehört dir. Komm zu mir, wenn du bereit bist.«

«Schatz. «Sie kniete sich ihm gegenüber und schlang die Arme um seinen Hals.»Du bist der beste Mann auf der Welt. Du bist der Einzige, den ich jemals heiraten würde. Es ist bloß, also ich bin vom College geflogen. Ich muß mir einen Job suchen.«

«Ich werde für dich sorgen. «Er küßte sie wieder.»Das hab ich dir bereits gesagt. Du mußt mir nur glauben.«

«Ich will selbst für mich sorgen. Ich möchte niemandem zur Last fallen.«

«Du könntest mir niemals zur Last fallen.«

«Aber ich möchte meinen Unterhalt verdienen. Ich kann nicht so ein Leben führen wie deine Mutter oder auch meine.«

«Das weiß ich.«

«Laß mich dieses Semester arbeiten. Wenn du dein Examen hast, werden wir das Richtige tun.«

Er steckte ihr den Ring wieder an den Finger.»Ich kann ohne dich nicht leben.«

«Ich liebe dich. Was immer in unserem Leben geschieht, du sollst wissen, daß ich dich liebe.«

Draußen ertönte eine Autohupe.

«Ich geh nachsehn«, rief Mignon aus der Küche und sauste durch die Diele und zur Haustür hinaus.

Charly und Vic standen auf. Sie legte die Arme um seinen Hals, drückte sich fest an ihn und küßte ihn.»Ich werde dieses Weihnachten nie vergessen.«

«Da du mir kein klares Ja gegeben hast, darf ich annehmen, daß es ein klares Vielleicht ist?«

«Sicher. «Sie erschauerte wegen ihrer Feigheit.

«Mom, Vic!«, brüllte Mignon aus dem Vorgarten.»Kommt schnell!«

Vic flitzte aus dem Wohnzimmer und durch die Diele. Mignon hatte die Haustür aufgelassen.»Mignon, was.?«

Charly kam ihr nach. Sie gingen hinaus zu R. J. und Mignon und erblickten Edward Wallace am Steuer seines neuen Transporters. Yolanda auf der Ladefläche hatte zur Feier des Tages ein Elfenhütchen auf. Sie mampfte Luzerne, das Beste vom Besten, und war die glücklichste aller Kühe.

In bester Laune stieg Edward aus seinem Wagen und überreichte R. J. eine sehr teure Flasche Brandy.»Du hast den besten verdient, R. J. Fröhliche Weihnachten. Oh, und eine Kleinigkeit für die Mädels. «Er schenkte Vic und Mignon je ein Stück Milchseife, mit rotem Baumwollband umwickelt.

«Edward, komm gleich mit rein, wir haben eine Kleinigkeit für dich. «R. J. legte ihm ihren Arm um die Schulter.

«Poppy ist gleich wieder da«, rief Edward Yolanda zu, die ihn gar nicht beachtete.

Piper, die endlich aufgewacht war, schoß nach draußen, sah Yolanda und fing an zu bellen.

«Genug jetzt«, befahl Vic ihr.

Der aufgeregte Hund hörte auf zu bellen, beschloß aber, sich dort hinzusetzen und Yolanda mit dem bösen Blick zu bannen.

Gerade als Vic die Tür schließen wollte, sah sie zwei Scheinwerfer durch die Zufahrt rasen.»Charly, ich glaub, das ist Sissy!«

Sie war es, und sie hatte einen Affenzahn drauf. In der weiten Kurve der Zufahrt drosselte sie das Tempo ein bißchen, fuhr dann geradeaus und steuerte direkt auf die Seite des prachtvollen blau-silbernen Transporters ihres Vaters zu.

«Sissy, weg vom Gas!«, brüllte Vic.

Die Augen geradeaus gerichtet, rammte Sissy den Transporter so stark, daß Yolanda auf die Knie sank.

«Herrgott im Himmel. «Charly sprintete zu Sissy.

«Mir fehlt nichts. Ich will die gottverdammte Kuh da töten. «Sissy stieß Charly in die Brust.»Hamburger. Verstehst du mich, Poppy? Hamburger.«

Vic schwang sich auf die Ladefläche und untersuchte Yolanda. Sie fand nur eine kleine Schramme am rechten Vorderknie.»Halb so schlimm, Yolanda, davon stirbt man nicht.«

Mit dem Glas in der Hand, denn er hatte seinem eigenen Brandy zugesprochen, stürmte Edward nach draußen.»Du Mistbiene! Hörst du mich, Sissy? O Yolanda, wie geht's meinem Baby?«

«Ihr fehlt weiter nichts, Mr. Wallace«, versicherte Vic ihm.»Sie hat sich das Knie aufgeschrammt.«

Er kletterte hinauf, ziemlich behende für einen alten Mann, und strich mit den Händen über Yolandas Beine.»Alles in Butter, Zuckerpuppe. «Dann sprang er hinunter wie einer, der halb so alt war wie er. Er zeigte auf Sissy, zugleich bückte sich R.J. um das Glas aufzuheben, das er beiseite geworfen hatte.»Du wirst aus meinem Testament gestrichen. Ein für alle Mal!«

«Wen nennst du Mistbiene, du alter Quatschkopf? Du bist verdammt noch mal zu schäbig, um zu sterben. Du kannst dir dein Testament dahin stecken, wo die Sonne nicht hinscheint!«Sissy war sichtlich vom Feiertagsgeist der flüssigen Art beseelt.

Edward beachtete sie nicht.»R. J. hast du einen Platz, wo ich meine Yolanda lassen kann? Ich sollte sie unter diesen Umständen wohl lieber nicht nach Hause fahren. Ein Plätzchen, wo sie's warm hat?«

R. J. überlegte.»Weißt du was, die Mädchen können den Gartenschuppen ausräumen. Der hat einen Zaun drumrum, Edward. Da ist sie gut aufgehoben. Ich kann ihr eine Decke überwerfen. Mädels!«R. J.s Stimme hatte einen Kommandoton angenommen.