«Ich komm mir vor wie ein Schuft.«
«Charly, vergiß es. So ist es für alle am besten.«
«Ich liebe dich, Vic.«»Ich liebe dich auch, Charly.«
Er senkte die Stimme, in die sich ein frivoler Ton einschlich.»Weißt du was, ich kann nicht mal an dich denken, ohne daß mein Pimmel hochgeht. Du machst mich verrückt.«
Sie lachte.»Charly, wenn ich einen hätte, wär er auch steif.«
«Das ist ein echt abgedrehter Gedanke. «Er holte hörbar Luft.»Aber ich liebe dich.«
«Ich dich auch. Dann bis Montag.«
«Okay. Tschüß.«
«Tschüß. «Sie legte auf, ging hinaus und stieß beinahe mit Georgia Wallace zusammen, die gerade in den Ausstellungsraum gekommen war.»Verzeihung, Miss Wallace. Ich hab nicht geguckt, wo ich hingehe.«
«Das tut ihr jungen Leute nie. «Sie lächelte.»Ihr habt es immer eilig, irgendwo hinzukommen, und dann stellt ihr fest, daß dort nichts ist.«
«Hey«, rief Hojo. Sie verzichtete auf die Formalität, die ältere Frau mit ihrem Nachnamen anzureden.
«Diese Hojo«, Georgia schüttelte den Kopf,»die hat's faustdick hinter den Ohren. Ach, was gäbe ich für ein kleines bißchen von ihrer Energie. Ich bin völlig geschafft, weil Poppy langsam senil wird. Yolanda ist in der Küche, Sissy macht sich deswegen ins Hemd«, sie zog einen Mundwinkel hoch,»und ich hab ihr gesagt,>laß Yolanda in Frieden. Es macht ihn glücklich. Wie lange werden wir ihn noch bei uns haben?< Und ich darf bestenfalls Kuhfladen aufkehren. Sissy ist ja so verzogen. «Bei» so «sank ihre Stimme um eine Oktave.
Hojo führte ihre Finger vor.»Schön, nicht?«
Vic und Georgia betrachteten die Fingernägel, die jetzt über die Kante der Kommandozentrale hingen. Mignon machte sich neben Hojo am Computer zu schaffen.
«Hojo, Süße, Sie sind himmlisch«, trällerte Georgia.
«Hab mir die Nägel gemacht, hab meinen Push-up-BH an, Georgia, ich bin bereit fürs Leben. Kommen Sie, wir machen heute Abend ein Faß auf.«
«Hojo Schätzchen, Sie sind mir zu wild. Sie liegen eher auf Sissys Wellenlänge.«»Ach kommen Sie, Georgia, Sie sind ein super Typ«, schmeichelte Hojo.
«Hm. nicht heute Abend, aber irgendwann geh ich mal mit Ihnen aus. Ich muß mir die Haare machen und Sissy im Keller einsperren. Sie würde mich umbringen, wenn ich mich amüsieren ginge und sie zu Hause bleiben müßte.«
«Dann sperren Sie sie ein. «Hojos Hände flogen hoch, die vielen Armbänder klapperten wie Kastagnetten.
«Mignon, was machst du da?«, fragte Vic.
«Ich ruf den Lagerbestand auf, siehst du?«
Vic stieg auf das Podest.»Welchen Wagen möchtest du?«
«Deinen. Ich spiel bloß gern am Computer rum.«
«Komm jetzt. Hey, wir nehmen von unterwegs was zu essen mit, dann muß Mom nicht kochen. «Sie fuhren zu einem ChinaImbiß in der Nähe.
Während sie auf ihre Bestellung warteten, fragte Mignon:»Ist bei den Wallaces 'ne Schraube locker?«
«Für Surry County sind sie ganz normal.«
Mignon flüsterte:»Glaubst du, es gibt viele Lesben in Surry County?«
«Ich weiß nicht. Wieso?«
«Hm, du kriegst es bestimmt raus. Ich meine, wenn du dich outest, werden sie sich dir dann nicht zu erkennen geben?«
«Weiß ich doch nicht, Mignon. Ich denk nicht über so was nach.«
«Wenn sie's dir sagen, sagst du's mir.«
«Warum?«
«Weil's spannend ist.«
«Um Himmels willen. «Vic packte sie mit einer Hand im Nacken.»Klatschmadam.«
«Ich hab nicht gesagt, daß ich's weitersage, ich will bloß, daß du's mir sagst.«
«Vielleicht tu ich's, vielleicht auch nicht.«
Mignon stieß Vic die Finger in die Rippen, so daß sie ihren Hals loslassen mußte.»Wenn du's mir nicht sagst, mach ich Rabatz, der geht auf keine Kuhhaut.«
«Das ist muuht.«»Lahmer Witz. «Mignon kam wieder darauf zurück, daß sie wissen wollte, wer lesbisch war.»Wirklich, sag's mir, ja?«
«Mignon, das ist vertraulich. Die Betreffende hat vielleicht Angst. Ich kann ein Vertrauen nicht verletzen.«
«Du hast keine Angst«, sagte Mignon, als sie die weißen Schachteln in einem Pappkarton zum Auto trugen.
«Ich hab es noch niemandem erzählt außer dir. Ich hab's dir eigentlich nicht erzählt, du hast es rausgekriegt. Und ich hab Angst. Ich denke bloß nicht zu viel darüber nach, das ist alles.«
«Ist dir wirklich bange?«Mignon konnte sich nicht vorstellen, daß ihrer großen schönen Schwester richtig bange war.
«Natürlich.«
Mignon wurde ernst.»Ich will nicht, daß du mich außen vor läßt.«
Vic öffnete die hintere Tür, Mignon stellte den Pappkarton auf den Boden des Autos, dann nahm Vic sie in die Arme.»Du bist meine Schwester, ich laß dich nicht außen vor.«
«Ich will nicht, daß sich was ändert. Daß du in eine andere Welt ziehst und ich nicht.«
«Schätzchen, dazu wird es nicht kommen. Ich bin schließlich nicht auf einem anderen Planeten. «Dann hielt sie Mignon die Beifahrertür auf.»Ich weiß nicht, was wird, aber das weiß keiner. was morgen wird, meine ich.«
«Meinst du, es gibt Beratungsbücher, was man macht, wenn man eine lesbische Schwester hat?«
Vic schüttelte den Kopf, schloß die Tür, ging um das Auto herum auf ihre Seite und stieg ein.»Nein. Weißt du, was ich meine?«
«Was?«
«Die vielen Bücher, wie man dies in den Griff kriegt und jenes versteht — alles Quatsch. Es gibt keine Regeln. Überleg doch mal. Die Regeln, nach denen zu leben uns beigebracht wird, haben sich lauter tote Menschen ausgedacht. Menschen, die wir nie kennen werden und die uns nicht kennen. Wie Amerika. Alles von weißen besitzenden Männern festgelegt. Ich sage nicht, daß das alles schlecht ist, ich sage bloß, daß keiner an uns gedacht hat.«
«Frauen?«»Auch. Aber am meisten wundert mich, warum alle gewillt sind, toten Menschen zu glauben.«
Mignon dachte auf der Heimfahrt ausgiebig darüber nach.»Was ist mit dem Wissen der Jahrhunderte?«
«Okay, es gibt Wissen, es gibt Inhalte, die weitergegeben werden müssen, aber ich stehe auf dem Standpunkt, sofern ich einen habe«, sie lachte,»daß jeder Einzelne alles nachprüfen muß. Man kann nicht einfach etwas glauben, nur weil jemand einem sagt, daß man es glauben muß. Verdammt, was wissen die denn? Es ist nicht ihr Leben.«
«Ja.«
«Was ja?«
«Ich verstehe deinen Standpunkt. Verstehst du meinen?«
«Der wäre?«
«Ich will nicht aus deinem Leben ausgeschlossen sein.«
«Wirst du nicht.«
Vic dachte eine Weile nach, während sie an Boonie Ashleys Laden vorbeifuhren.»Wenn man bedenkt, was für eine Jammergestalt das Tier namens Mensch schon seit so langer Zeit ist, dann ist es ein Wunder, daß überhaupt jemand Kinder kriegt.«
«Alles Kacke, Kotze, Kokolores. «Mignon rümpfte angewidert die Nase.»Man sollte meinen, wenn Gott so schlau wäre, hätte er 'ne bessere Lösung rausgerückt.«
«Männer denken nicht an solche Sachen. «Vic lachte.»Vielleicht ist Gott ja doch ein Mann.«
«Deswegen beten die Menschen zur Jungfrau Maria. «Mignon verschränkte die Arme.
«Und guck, wie weit sie es gebracht hat. Marias Barbecue.«
35
In Williamsburg brannten in allen Fenstern Kerzen, Girlanden schmückten die Hörner des viel fotografierten Ochsen im historischen Viertel, über den Türen hingen Mistelzweige, in den großen Schaufenstern der Geschäfte standen Weihnachtsbäume. Das Trampeln der Touristenfüße verkündete den Einwohnern, daß ihre Kassen klingeln würden. Trotz des unablässigen Verkehrsstroms lächelten Ladenbesitzer und Kunden und gaben ihr Bestes.
Auch Vic, die total erledigt war, gab ihr Bestes. Das Ausräumen ihres Apartments kostete nicht viel Zeit. Sie war nie über Küchentisch, Bett und Kommode hinausgekommen. Sie ließ das Bett da, brachte den Küchentisch zu Chris, verkaufte mit einem Anflug von Traurigkeit ihre Lehrbücher und bezahlte ihrem netten Vermieter eine zusätzliche Monatsmiete.
Charly, der von Energie übersprudelte, war so glücklich, wie sie ihn noch nie erlebt hatte. Sie dachte, ohne ihr Apartment gäbe es keine Möglichkeit mehr, mit ihm zu schlafen. Aber er wollte es woanders tun. Sie vertröstete ihn, wobei ihr schrecklich zumute war, und fuhr zu Jinx.
Jinx trank einen Schluck aus ihrem Kakaobecher.»Wer das Zeug erfunden hat, sollte zur Rechten Gottes sitzen. «Der Dampf, der von dem Getränk aufstieg, ließ sie blinzeln,»'tschuldigung, vor dir sollte ich lieber keine frommen Reden schwingen.«
«Heilige Maria, Mutter. «Vic blies in ihren Kakao.
«Du hast es ihm nicht gesagt.«
«Ach Jinx, er ist so glücklich, abgesehen davon, daß ich heute nicht mit ihm schlafen wollte. Bald ist Weihnachten. Ich fühl mich total beschissen.«
«Je länger du wartest, um so schlimmer wird es, sofern du es dir nicht anders überlegst. «Jinx trank ein Schlückchen von ihrem Kakao.
«Nein, aber schau, Freitag sind wir alle hier weg. Es kann warten. Ich weiß, du hältst mich für eine Pfeife, aber das bin ich nicht. «Sie seufzte.»Bloß, es ist schwerer als ich dachte. Ich liebe ihn wirklich.«
«Warum kannst du ihn nicht einfach heiraten und dir Chris als Geliebte halten? Er wird's nie erfahren. «Jinx' Augen blitzten diabolisch.
«Darauf würde sie sich nicht einlassen. Ich glaube nicht, daß ich es könnte. Ich könnte ihn nicht belügen.«
«Aber du belügst ihn jetzt. Unterlassung ist auch eine Art Lüge.«
«Verdammt, Jinx, bist du nun meine beste Freundin oder nicht? Du machst es mir kein bißchen leichter.«
«Ich bin deine beste Freundin, und du belügst ihn.«
Vic dampfte so sehr wie ihr Kakao; dann regte sie sich ab.»Können wir uns nicht auf einen Kompromiß einigen und sagen, ich entwöhne ihn nach und nach?«
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