«Ich möchte, daß ihr Ehemann ein Gentleman ist, ein Mann, der sie zärtlich liebt, sie auf Händen trägt, sie achtet. Ich glaube, daß du das tun wirst, und ich gestatte dir, um ihre Hand anzuhalten.«

«Danke, Sir.«

«Ich nehme an, du hast sie noch nicht gefragt.«

«Nein, Sir. Ich mußte zuerst mit Ihnen sprechen.«

«Hast du etwas geplant?«Frank lächelte.»Ich bin neugierig, obwohl es mich vielleicht nichts angeht. Ich war mit R. J. beim Angeln und wartete, daß die Sonne über dem James aufging, und da habe ich ihr den Heiratsantrag gemacht. Den Ring hatte ich in ihre Spinnerschachtel gelegt. «Er lächelte wieder, als er sich erinnerte, wie schnell sein Herz geklopft hatte, wie er beinahe vergessen hatte zu atmen und ihm schwindelig geworden war.»Vic liebt den Fluß, mußt du wissen.«

Charly setzte ein breites Lächeln auf.»Einerseits würde ich am liebsten auf der Stelle zum College rennen und sie fragen, und andererseits möchte ich es planen. Ich möchte sie am Heiligen Abend fragen. Ich hab mir gedacht, ich ziehe ein rotes Band durch den Ring und hänge ihn an den Baum oder vielleicht an einen Mistelzweig. Ich hab mich noch nicht entschieden.«

«Du wirst eine glänzende Lösung finden, daran besteht für mich kein Zweifel. «Frank stand auf, um Charly die Hand zu drücken.

Charly erhob sich.»Danke, Sir. Vielen Dank.«

Frank klopfte ihm auf den Rücken.»Komm. Wir gehen am besten nach Hause zu R. J. Du kannst jetzt nicht nach Williamsburg zurückfahren. Da zieht ein richtig schlimmes Unwetter auf.«

Sie erreichten Surry Crossing just in dem Augenblick, als der Himmel seine Schleusen öffnete.

Frank sagte seiner Frau nichts. Mignon klebte förmlich an Charly, und Frank wollte die Neuigkeit nicht in Anwesenheit seiner Jüngsten verkünden. Charly rief Vic an und sagte, er sei nicht im Wohnheim. Falls sie ahnte, weswegen er in Surry Crossing war, ließ sie es sich nicht anmerken.

Schließlich schickte Frank Mignon zum Lernen in ihr Zimmer. Er und R. J. hätten etwas mit Charly zu besprechen. Als sie R. J. die Neuigkeit erzählten, weinte sie, umarmte Charly und gab Frank einen Kuß. Sie sagte, sie sei glücklich, daß Vic einen so fabelhaften jungen Mann bekäme. Doch bei sich dachte sie, Vic sei so jung und die Welt so groß. Konnten sie nicht noch ein, zwei Jahre warten? Aber diese Gedanken behielt sie für sich. Schließlich hatte sie auch bereits mit zwanzig geheiratet.

33

«Wie konntest du?«R. J. war so durcheinander, daß sie mit ihrem Geschirrtuch auf die Küchenanrichte schlug.

«Mom, so schlimm ist's nun auch wieder nicht. «Vic sah ihrer Mutter ins Gesicht.

Die zwei Frauen standen am Spülbecken. Piper saß zwischen ihnen und beobachtete aufmerksam den Wortwechsel.

Draußen auf dem Rasen lagen Äste verstreut. Der Sturm, der in der Nacht in Surry Crossing gewütet hatte, brachte jetzt auf dem Atlantik Schiffe in Seenot. Da Charly am frühen Morgen zum William and Mary College zurückgekehrt war, hatte Vic ihn verpaßt.

«Die Menschen sind empfindlich in solchen Dingen, Victoria. Ein verehrtes Abbild wie das der Jungfrau Maria verkleiden, das tut man einfach nicht.«

«Es war alles ganz okay. Ihre Grillschürze war sauber, ihre Kochmütze makellos, und die Kochgeräte waren auch alle sauber. Das Outfit hätte dir gefallen. «Vics grüne Augen leuchteten auf, als sie die Statue beschrieb.»Sie sah aus wie eine von den Mädels. Ich hab sogar daran gedacht, ihre Kostümierung je nach Saison zu wechseln. Verstehst du, ein William-and-Mary-Sweatshirt zu Footballspielen, einen Wimpel, vielleicht einen Wickelrock und einen TriDelta- Anstecker für die Einführungspartys der Verbindungen.«

R. J. lachte. Sie konnte nicht anders.»Herzchen, die Jungfrau Maria würde Kappa Kappa Gamma angehören.«

«Ganz sicher.«

R. J. küßte ihre Tochter auf die Wange.»Na gut — nichts Schlimmes passiert, nehme ich an.«

«Ah, das ist noch nicht alles.«

R. J. straffte die Schultern.»Oh?«

«Der Pastor hat mich gesehn. Und dann ist er zum Dekan gegangen. «Sie hielt inne.»Um's kurz zu machen, ich bin geflogen.«

«Was? O Vic, das darf nicht wahr sein. «R. J.s Bestürzung war greifbar. Piper leckte ihr die Hand.

«Ich hätte mich vielleicht mit Lügen herauswinden können, aber das erschien mir nicht richtig. Ich hab's ja getan.«

«Aber es ist so eine unverhältnismäßig hohe Strafe.«

«Schon. Aber nach der Alpha-Tau-Sache meinen sie wohl hart durchgreifen zu müssen. Drum. «Sie zuckte mit den Achseln.

R. J. lehnte sich ans Spülbecken.»Das ist ja furchtbar. Dein Vater und ich gehen sofort hin. Wir sprechen mit dem Dekan. Wir sprechen mit dem Präsidenten, wenn's sein muß. Du stehst so kurz vor dem Examen und.«

«Nicht, Mom, tut das bitte nicht.«

«Hör mal, junge Dame, im Staat Virginia gibt es nur zwei Abschlußzeugnisse, die was gelten, das vom William and Mary College und das von der Universität von Virginia in Charlottesville. Ich denke, daß wir dich da unterbringen können.«

«Nein. Ich komm schon klar. Wenn ich wechseln müßte, dann lieber auf ein technisches College.«

«Was? Wie kommst du denn auf die Idee?«R. J.s Gesicht färbte sich rot.»Als Nächstes erzählst du mir noch, du willst auf die Militärakademie!«R. J. setzte sich und legte den Kopf auf die Hände.»Was sagen wir bloß deinem Vater?«

«Die Wahrheit. «Vic stellte sich hinter ihre Mutter und legte ihr die Hand auf die Schulter.

«Natürlich sagen wir ihm die Wahrheit, aber verdammt noch mal, wie bringen wir's ihm bei? Und Bunny. Herrgott, es wird in der ganzen Stadt herumgehen. Ich nehme an, Jinx weiß alles?«

«Ja.«

«Regina wird's ihr aus der Nase ziehen. Wir könnten es ebenso gut in die Norfolk-Zeitung setzen. «Eine Spur Sarkasmus flackerte in R. J. auf.

«Ich hab keinen Mord begangen. Ich hab Marias Barbecue gegründet, weiter nichts.«

R. J. drehte sich herum und sah ihrer Tochter ins Gesicht.»Ich nehme an, daher wissen wir, daß Maria Katholikin ist. Wäre sie Episkopalin, würde sie ein rosa-grünes Kleid mit einer dreireihigen Perlenkette und passenden Ohrringen tragen und einen Cocktail in der Hand halten. «Sie ließ ein leises Lachen hören.»Dabei fällt mir ein, du wirst mit dem Pastor darüber sprechen müssen.«

«Mom, wir sind Episkopalen. Warum muß ich mit ihm sprechen?«

«Weil wir hier leben und weil die Nachricht durch diesen Bezirk fliegen wird wie ein Ballon, aus dem die Luft entweicht. Du willst doch nicht, daß der gute Pastor dich für gotteslästerlich hält.«

«Ich bin ein bißchen gotteslästerlich.«

«Das kannst du für dich behalten.«

«Meinst du wirklich, ich muß zu ihm gehn?«

«Selbstverständlich.«

«Könnten wir nicht alle Katholiken nach Maryland zurückschicken?«

R. J. zog Vic auf einen Küchenstuhl.»Schlimmes Mädchen.«

«Stimmt. «Vic zeigte keinerlei Zerknirschung.

R. J. wurde ernst.»Herzchen, du mußt das College zu Ende machen.«

«Nein.«

R. J. faltete die Hände.»Was ist bloß in dich gefahren?«

«Das weiß ich auch nicht. Laß mich einen Job suchen.«

«Hier?«

«Ich könnte mich in Williamsburg umsehen. «Vic versuchte die richtige Methode zu finden, um ihrer Mutter beizubringen, was sie wirklich wollte.

«Um in Charlys Nähe zu sein?«

«Das wäre kein Nachteil«, murmelte Vic ohne Überzeugung.»Ich nehme nicht an, daß du mir sagen wirst, weshalb er hier

war?«

«Um einen Besuch zu machen. Und hast du dir überlegt, daß du nach deiner Eskapade vielleicht keinen Job in der Stadt kriegst?«

«Niemand weiß davon außer dem Pastor und dem Dekan.«

«Verstehe. «Sie atmete tief ein.»Und was sagt Charly dazu?«

«Er ist entrüstet.«

«Ich nehme an, Jinx ist auch entrüstet.«

«Sie findet, ich bin bescheuert.«»Tja, da hat sie nicht ganz Unrecht. «R. J. beugte sich zu Vic vor.»Warst du allein bei dieser Ruhmestat?«

«Klar. Wer sonst wäre wohl so blöd?«

«Mir fallen mindestens zwei weitere Personen ein, und bei deiner Überredungskunst sind es vermutlich noch mehr.«

«Ich war's ganz allein.«

«Was um alles in der Welt ist bloß in dich gefahren?«

«Das hast du mich schon mal gefragt, und ich hab gesagt, ich weiß es nicht.«

«Ach, Victoria Vance, der Muttergottes Grillgabeln an die Hände kleben, das gehört sich einfach nicht.«

«Hast du noch nie was getan, nur so aus Jux und Tollerei? Weil dir langweilig war oder du ganz von dir eingenommen warst oder weil Vollmond war? Ich hab keinen Grund. Ich war kein mißhandeltes Kind. Meine Eltern sind keine Alkoholiker. Ich hatte mir das einfach in den Kopf gesetzt«, sagte Vic mit fester Stimme.

R. J. betrachtete ihre Älteste, das kräftige Kinn, die Entschlossenheit, die ihrer Schönheit zugrunde lag.»Liebes, ich habe mir so manches in meinem Leben in den Kopf gesetzt, und ich finde, es hat mir nicht viel gebracht. Ich hab mich bemüht, logisch und tüchtig zu sein und alles im Griff zu haben. Es gab Zeiten, da habe ich mich zu Tode gelangweilt.«

«Andere hast du nie gelangweilt.«

«Danke, Liebes, das hast du nett gesagt. «R. J. lehnte sich mit einem Plumps auf ihrem Stuhl zurück.»Dein Vater wird fuchsteufelswild sein. Und deine Schwester wird's einfach göttlich finden. «Sie sah aus dem Fenster; der Fluß war noch aufgewühlt.»Liebst du Charly?«

«Was bringt dich darauf?«

«Mein Herz. «R. J. spürte in ihrem Innersten, daß da etwas nicht stimmte. Als sie und Frank frisch zusammen waren, waren sie voneinander berauscht gewesen. Das hatte sie bei Vic nicht beobachtet. Bei Charly schon.

«Ich dachte, du hast ihn gern.«