«Was ist mit heiraten?«
«Alle rechnen damit, daß ich Charly heirate.«
«Und?«
«Ich hab damit gerechnet Charly zu heiraten — bis jetzt.«
Die Anspannung, die Chris stärker zugesetzt hatte, als ihr bewußt gewesen war, löste sich.»Oh.«
«Und wie ist das bei dir?«
Chris schüttelte den Kopf.»Nein. Ich glaube nicht, daß ich das könnte. Andererseits will ich nicht, daß man mich in der Luft zerreißt, weil ich andersrum bin.«
Vic versank in Schweigen, dann sprach sie wieder.»Sind wir Lesben?«
Chris lachte.»Wenn wir zusammen sind, bestimmt. «Sie beugte sich auf Händen und Knien nach vorn und küßte Vic. Sie küßte ihre Brüste, fuhr mit der Zunge um den Warzenhof. Dann glitt sie am Bauch hinunter.
«Was machst du mit mir?«Vic fuhr mit den Fingern durch Chris' blonde Haare.
«Bleib liegen und laß mich dich anbeten.«
Vic hatte einen Orgasmus, und sie fragte sich, ob ein Mensch sterben könnte, während er kam.
Dann glitt Chris wieder nach oben, legte die Hand unter Vics Kinn.»Der Beweis.«
«Was?«
«Lesbenbeweis.«
Vic küßte sie aufs Haar, als Chris sich in eine bequemere Lage manövrierte.»Vielleicht bin ich nicht lesbisch. Das liegt bloß an — dir. Was du mit mir machst.«
«Spielt das eine Rolle?«»Nein. «Vic atmete tief ein.»Ich glaube, ich kann keine von denen sein, die imSchrank leben.«
«Mach dir jetzt deswegen keine Sorgen. Darüber können wir uns später Gedanken machen.«
Eine glänzende Mondsichel erklomm den Himmel.
Vic sah die Kiefern schwanken.»Ich mach mir eigentlich keine Sorgen. Ich will es bloß nicht an die große Glocke hängen. Für eine Weile werde ich wohl meine Worte abwägen müssen.«
«Ich auch. «Chris schloß die Augen und schlug sie wieder auf, wechselte abrupt das Thema.»Hast du gehört, was bei Alpha Tau passiert ist?«
«Nein.«
«Die Anwärter für die Aufnahme in die Verbindung haben ein Wettsaufen veranstaltet, und einer von den Jungs hat sich so vollaufen lassen, daß er aus dem Fenster im ersten Stock gefallen ist. Er hat sich die Beine, die Rippen und wer weiß was noch gebrochen. Heute stand nichts darüber in der Zeitung, aber es kommt früh genug in die Presse. Die Verwaltung wird es nicht unter Verschluß halten können.«
«Das ist ja schrecklich. Ich hab nichts davon gehört.«
«Kannst du dir vorstellen, so breit zu sein?«, fragte Chris.
«Nein«, antwortete Vic. Sie hörte draußen einen Vogel zwitschern.
«Es wird die üblichen Verurteilungen geben, wenn es in die Zeitung kommt, du weißt schon, die Jugend von heute ist eine Schande und so«, sagte Chris.
«Mmm.«
«Ich glaube,die alten Leute sind wütend auf uns, weilsie alt sind und wir nicht. Als ob wir was dafür könnten.«
«Darüber hab ich nie nachgedacht. «Chris kuschelte sich an Vic.»Wir wollen ewig leben.«
«Abgemacht. «Vic küßte sie.
18
Um halb sieben tranken Vic und Chris Kaffee. Das blasse Licht des frühen Morgens fiel durch Vics Fenster. Die wichtigste Entscheidung des Augenblicks hieß, ob sie Waffeln oder Eier machen sollten. Nachdem sie Vics ärmliche Speisekammer inspiziert hatten, erklärte Chris, sie könne beides machen. Vics Morgenrock, den Chris lose um ihre schmale Taille geschlungen hatte, klaffte auf und gab ihre Brüste frei. Vic trug Jeans und ein Unterhemd, was sie für Chris noch unwiderstehlicher machte, weil das cremeweiße T-Shirt ihren Körper zugleich enthüllte und verdeckte.
Schritte und ein Klopfen an der Tür schreckten die zwei auf.
«Wer ist da?«, rief Vic.
«Der Märchenprinz«, antwortete Charly.
Vic öffnete die Tür, er kam herein, hob sie hoch und küßte sie. Dann sah er Chris. Er ließ Vic herunter.
«Chris Carter, Charly Harrison. Charly, Chris.«
Er ging zu Chris und schüttelte ihr die Hand.»Freut mich, dich kennen zu lernen.«
«Kaffee?«, bot Vic an.
«Nein danke, ich kann nicht bleiben. Kannst du mir dein Auto leihen? Ich versprech dir, wenn was passiert, reparier ich's. Ich muß zu Dad.«
«Klar. Entschuldige mich eine Sekunde, ich hol die Schlüssel. «Sie ging ins Schlafzimmer und dachte, Gott sei Dank hab ich was an.
«Vic kreiert einen neuen Einrichtungstrend, den Kasernenlook«, scherzte Charly mit Chris. Er kam nicht auf die Idee, daß Chris Vics Morgenrock anhatte, weil er den noch nie gesehen hatte. Doch selbst wenn, hätte er angenommen, daß sie Freundinnen waren, die ihre Kleider tauschten. Frauen standen sich auf eine Weise nahe, wie es Männern nicht gegeben war.
Vic kam zurück und gab ihm die Schlüssel.»Paß gut auf mein Baby auf.«
Er küßte sie auf die Wange.»Hey, du bist mein Baby. «Er zwinkerte Chris zu und marschierte aus der Tür.»Tschüß. War nett dich kennen zu lernen.«
«Tschüß«, rief Vic ihm nach.»Er bringt mich um den Verstand«, sagte sie, als sie die Tür zumachte.
«Gott, Vic, er ist umwerfend. Zum Sterben umwerfend. «Chris wünschte, Vic wäre ihm nicht begegnet.
«Und er ist der beste Mensch auf Erden. Je besser du ihn kennst, um so mehr wirst du ihn lieben.«
«Ich bin nicht sicher, daß ich ihn näher kennen lernen möchte. «Chris war plötzlich der Appetit vergangen.
«Mach dir seinetwegen keine Gedanken. Du wirst ihn mögen.«
«Ich hab das Gefühl, die Welt wird dich in seine Arme treiben.«
«Unterschätz mich nicht. «Vic straffte das Kinn und entspannte es wieder.»Okay, es ist ein bißchen heikel. Ich meine, ich bin seit einem Jahr mit ihm zusammen und ich liebe ihn, ich liebe ihn als den Menschen, der er ist, aber das ist nicht dasselbe. Mein Leben wäre vermutlich einfacher, wenn es so wäre, aber es ist eben nicht so. Wäre ich dir nicht begegnet wäre, hätte ich es nie erfahren. Aber ich bin froh, daß ich dich jetzt getroffen habe und nicht zehn Jahre später.«
Chris lächelte, senkte den Blick, hob ihn wieder.»Ich hatte gedacht, es würde einfach sein. Ist es wohl nicht.«
«Keine Bange.«
«Es ging alles so schnell. Das macht mir Angst.«
«Warum?«
«Was ist, wenn es nicht gut geht? Wenn wir Krach kriegen oder du beschließt, bei Charly zu bleiben oder die Leute es rauskriegen und du mich haßt?«
Vic holte tief Luft.»Ich könnte dich niemals hassen. Und nein, ich weiß nicht, ob du und ich tun werden, äh, was immer Frauen so tun — zusammen in den Sonnenuntergang reiten. Ich weiß überhaupt nichts. Aber ich weiß, ich bin lebendig und stark. Und was immer passiert, muß vielleicht passieren. Ich werde davon lernen. Ich werde dadurch ein besserer Mensch. Angst ist keine Alternative.«
Auf der Fahrt nach Richmond beneidete Charly die Frauen, weil ihre Freundschaften so innig waren. Er glaubte nicht, daß er mit einem Mann jemals so eng verbunden sein würde wie es Vic mit Jinx oder dieser neuen Freundin war. Ihm schien, daß sie sich alles erzählen konnten.
Er freute sich nicht richtig darauf, seinen Vater zu sehen. Thomas Harrison betrieb in Richmond eine große Maklerfirma. Manchmal fuhr Charly für einen Abend nach Hause, aber gewöhnlich war er nur an den Wochenenden daheim. Dieses Arrangement kam seinen Eltern sehr entgegen.
Charly achtete seinen Vater und er nahm an, daß er ihn liebte. Man mußte seinen Vater lieben. Aber er fühlte sich Thomas nicht besonders nahe. Der ältere Harrison war anspruchsvoll, kritisch, aber gerecht und trieb seine Abkömmlinge an, besser zu sein, gute Sportler zu sein, unbedingt auf Sieg zu spielen. Er pflegte zu fragen:»Wer erinnert sich noch, wer 1960 beim Kentucky-Derby Zweiter wurde?«
Ein Weg zum Sieg war, mehr Geld zu verdienen als andere. Als junger Mensch begriff Charly, daß Geld Sieg bedeutete; Geld war wichtig, und ein Mann ohne Vermögen war nach amerikanischem Standard nicht viel wert. Wenngleich er es gefühls- und verstandesmäßig für dumm hielt, Geld zählte. Man konnte eine Familie nicht von Luft und Liebe ernähren. Mit einem reinen Gewissen ließen sich keine Rechnungen bezahlen. Geld zählte.
Er liebäugelte mit einer Football-Profikarriere. Er konnte eine beachtliche Erfolgsbilanz aufweisen, auch wenn einer vom William and Mary College bei keiner Mannschaft ein heißer Tipp für die Rekrutierungsliste war. Aber er hatte in der letzten Saison einen Durchschnitt von 4,9 Yards pro Anspiel erzielt und schaffte den 40-Yard-Sprint in 4,3 Sekunden. Und er konnte nicht nur laufen, er konnte auch blocken. Er hatte eine minimale Chance. Aber er würde seine Knie ruinieren — ein Runningback im Profi-Football hatte kaum eine längere Lebensdauer als eine Eintagsfliege. Und sollte er in eine Mannschaft aufgenommen werden, wollte er trotzdem einen Beruf haben, wenn die Sportlerkarriere zu Ende war.
Charly, nach außen hin umgänglich und gutmütig, besaß einen scharfen Verstand. Er bewegte Probleme im Kopf und sprach mit niemandem darüber, nicht einmal mit Vic, obwohl er das Gefühl hatte, ihr alles sagen zu können. Er sprach nicht gern über etwas, bevor er eine Lösung ausgeklügelt hatte.
Als er auf den Parkplatz von Bishop and Harrison fuhr, fühlte er Zuversicht. Er wußte genau, wie er an seinen Vater herantreten mußte.
Er war um halb zehn verabredet. Thomas Harrison liebte keine Überraschungen, deswegen konnte Charly nicht einfach hereinschneien. Er hatte die Verabredung gestern mit der Sekretärin seines Vaters getroffen, dann aber vergessen, Vic um ihr Auto zu bitten.
Eine der Bedingungen, die daran geknüpft waren, daß sein Vater ihm das College bezahlte, bestand darin, daß Charly kein Auto besitzen durfte, solange er in der Ausbildung war. Thomas Harrison war der Meinung, Studenten ohne Autos erzielten bessere Zensuren als Studenten mit Autos. Vermutlich hatte er Recht.
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